Was ist formatives Assessment und wie lässt es sich im Grundschulunterricht effizient umsetzen? Welchen Mehrwert bietet dieser Ansatz für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und Eltern?
Diesen Fragen widmet sich das Pilotprojekt „Computerbasiertes formatives Assessment in der Grundschule“ (kurz:
Co-FormAt).
In der Schule ist es üblicherweise so, dass am Ende einer Lerneinheit die Leistung der Schülerinnen und Schüler anhand einer Leistungsabfrage (z. B. in Form einer Klassenarbeit) erfolgt. Dabei geht es meist um eine rückblickende Beurteilung des bis dahin erworbenen Wissens oder der bis dahin erworbenen Fähigkeiten. Die Rückmeldung zum Ergebnis der Leistungsabfrage erhalten die Schülerinnen und Schüler dann meist in Form einer Note.
Oftmals wird danach die Unterrichtseinheit abgeschlossen und das Thema gewechselt. Für Schülerinnen und Schüler ist es dann allerdings schwierig, ihre Fehler und das, was sie nicht verstanden haben, zum Weiterlernen zu nutzen.
Diese Form der Leistungsbewertung wird als summatives Assessment bezeichnet.
Im Gegensatz dazu steht beim formativen Assessment der Lernprozess im Fokus und weniger das Lernergebnis. Denn das formative Assessment
begleitet den Lernprozesses und kann so direkten Einfluss auf seinen Verlauf nehmen. Das heißt, das Ziel dieses Ansatzes ist nicht,
eine Leistung zu bewerten. Vielmehr dienen die Informationen zum aktuellen Lernstand als Ausgangspunkt für konstruktives Feedback an
den Lernenden wie auch für gezielte Förder- oder Unterstützungsmaßnahmen durch die Lehrkraft.
Die drei zentralen Elemente des formativen Assessments sind damit:
- die lernbegleitende Erfassung von Schülerleistungen (Assessment)
- die Nutzung dieser Informationen für individuelle Rückmeldungen (Feedback)
- die Ableitung von Maßnahmen, die zu den Bedarfen der Lernenden passen (Förderung)
Die Assessments zur Erfassung der Schülerleistung können dabei papierbasiert oder computerbasiert sein. Während papierbasierte Verfahren vielen Lehrkräften vertrauter erscheinen, ermöglichen computerbasierte Verfahren eine ökonomische Umsetzung und eine automatisierte Auswertung der eingesetzten Aufgaben sowie eine zeitnahe Ergebnisrückmeldung für die einzelnen Schülerinnen und Schüler. Dadurch werden Lehrkräfte entlastet, selbst diagnostische Aufgaben zu erstellen, sie einzusetzen und anschließend auszuwerten (z. B. unbenotete Kurztests).
Studien zeigen allerdings, dass formative Formen der Lernbegleitung im Unterricht in der Regel wenig eingesetzt werden. Es ist somit wichtig, Lehrkräfte dabei zu unterstützen das Potenzial der formativen Assessments a) für individuelle Lernverläufe von Schülerinnen und Schülern sowie b) für die adaptive Gestaltung von Unterrichtsangeboten zu erkennen und im eigenen Unterricht zu nutzen.
Hier setzt unser Pilotprojekt an.
Ziele des Projekts
Das Ziel des Pilotprojekts „Computerbasiertes formatives Assessment in der Grundschule“ (Co-FormAt) ist es, Grundschullehrkräfte beim Einsatz von formativen Assessments im Unterricht zu unterstützten. Hierzu wird im Projekt ein Online-Tool entwickelt, das den Einsatz von formativen Assessments in den Bereichen Mathematik und Deutsch erleichtern soll.
Die wiederholte Erhebung der Lernstände und die daraus abgeleitete Rückmeldung mithilfe des Online-Tools sollen
- Lernende darin unterstützen, ihre eigenen Lernprozesse zu reflektieren und dadurch ihre Leistungs- und Motivationsentwicklung positiv beeinflussen.
- der Lehrkraft Hinweise dafür liefern, an welchen Stellen der Unterricht an die Bedürfnisse der Lernenden angepasst werden kann oder bei welchen Schülerinnen und Schülern gezielte Unterstützungsmaßnahmen wichtig wären.
- den Eltern zusätzliche Informationen zu den Lernfortschritten ihres Kindes bieten und damit Anknüpfungspunkte für elterliche Unterstützung und den Austausch mit der Lehrkraft schaffen.
Darüber hinaus soll das Projektvorhaben dazu beitragen, den Grundgedanken des formativen Assessments in der Schul- und Unterrichtspraxis präsenter zu machen und Impulse für formative Formen der Leistungseinschätzung und -rückmeldung geben.
Aufbau des Online-Tools
Um die genannten Ziele zu realisieren, werden im Pilotprojekt verschiedene Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Diese lassen sich in drei Bausteine einordnen:
- Baustein „Assessment“
- Baustein „Feedback“
- Baustein „Unterstützungssystem“
Für die Konzeption und Umsetzung dieser Bausteine gibt es einen intensiven Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Bildungsforschung, der schulischen Praxis sowie der Schulverwaltung.
Baustein „Assessment“
Für die lernbegleitende Erfassung von Schülerleistungen in den ausgewählten Kompetenzbereichen der Fächer
Deutsch und Mathematik werden wiederholt kurze diagnostische Aufgaben von nicht mehr als 15 Minuten Länge eingesetzt. Die
Administration und Auswertung dieser Aufgaben erfolgt automatisiert durch das Online-Tool und ist für die anwendenden Lehrkräfte
nicht aufwändig.
Baustein „Feedback“
Basierend auf den Ergebnissen der diagnostischen Aufgaben bekommen die Lehrkraft und der oder die Lernende adressatengerecht aufbereitete
Rückmeldungen zum aktuellen Lernstand und zum bisherigen Lernverlauf der einzelnen Schülerinnen und Schüler. Dazu werden die
Ergebnisse graphisch in Form einer Lernverlaufskurve dargestellt und visuell ansprechend aufbereitet. Zusätzlich sollen auch Eltern
für ausgewählte Aspekte eine Rückmeldung zum Lernstand ihres Kindes erhalten.
Baustein „Unterstützungssystem“
Der Einsatz des Online-Tools im Grundschulunterricht wird durch ein begleitendes Unterstützungssystem ergänzt. Dieses soll den
beteiligten Personengruppen dabei helfen, die Ergebnisrückmeldungen des Tools zu verstehen, sie in den jeweiligen Lernkontext
einzuordnen und daraus abgeleitet effektive Lern- und Unterstützungsangebote anzubieten.
Projektförderung
Das Projekt ist Teil des IBBW-abteilungsübergreifenden Projekts „Zentrale Plattform für digitale Fachanwendungen der Bereiche Lernstand, Evaluation und Prüfungen“ (Projektleitung: IBBW, Referat 13) und wird aus Mitteln des DigitalPakts Schule und der Robert Bosch Stiftung gefördert.
Wissenschaftliche Begleitung
Das gesamte Projektvorhaben wird wissenschaftlich begleitet. Nach einer ersten Erprobungsphase mit mehreren Grundschulen folgt eine Evaluationsstudie mit ca. 90 Grundschulklassen. Ziel der Evaluationsstudie ist es, das Online-Tool auf seine Umsetzung und Wirksamkeit hin zu überprüfen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass ein überprüftes und wirksames Instrument in die breite Praxisanwendung übergeben wird.
Pilot-Schule werden
Wenn Sie die Entwicklung des Online-Tools unterstützen und eine Pilot-Schule werden möchten, dann kontaktieren Sie uns
gerne. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!
Kontakt
Dr. Julia Käfer
E-Mail
Dr. Evelin Ruth-Herbein
E-Mail