16.01.2024
360-Grad-Unterrichtsvideos haben großes Potenzial für Lehrkräftebildung und Forschung
…das zeigt eine Studie von IBBW, Universität Tübingen und Leibniz-Institut für Wissensmedien, die in der internationalen Zeitschrift „Computers & Education“ veröffentlicht wurde: https://doi.org/10.1016/j.compedu.2023.104976
Zur Studie
Unterrichtsvideos sind aus Lehrkräftebildung und Unterrichtsforschung nicht mehr wegzudenken. Aufzeichnungen von Unterricht
ermöglichen es, auch außerhalb des Klassenzimmers Unterricht anzuschauen, zu analysieren und zu diskutieren.
Technologische Weiterentwicklungen der letzten Jahre führten dazu, dass neben traditionellen Unterrichtsvideos zunehmend auch neue
Videoformate, wie 360-Grad-Unterrichtsvideos, genutzt werden. 360-Grad-Unterrichtsvideos können immersiv mit Virtual-Reality-Brillen
(VR-Brillen) betrachtet werden.
Doch welchen Unterschied macht es für das Unterrichtserleben und Einschätzungen zur Unterrichtsqualität, ob ein Video
traditionell am PC oder immersiv mit einer VR-Brille betrachtet wird? Dieser Frage ging eine Studie von IBBW, Universität
Tübingen und Leibniz-Institut für Wissensmedien nach.
In einer kontrollierten Laborstudie betrachteten 75 Lehramtsstudierende jeweils ein Unterrichtsvideo traditionell am PC und ein
Unterrichtsvideo immersiv mit einer VR-Brille. Es zeigte sich, dass sich die Teilnehmenden in 360-Grad-Videos stärker in das
Unterrichtsgeschehen eingebunden fühlten, dass sie durch die Unterrichtsvideos stärker motiviert wurden und dass sie sich bei der
Beobachtung und Analyse des Unterrichts stärker anstrengten. Die Unterrichtsqualitätsratings mit dem Unterrichtsfeedbackbogen Tiefenstrukturen (UFB) fielen in den beiden
Videoumgebungen weitgehend gleich aus, bis auf einen Aspekt der kognitiven Aktivierung (Verständnisorientierung), der in der
immersiven Videoumgebung treffender eingeschätzt wurde. All diese gefundenen Unterschiede konnten nicht durch die Neuheit der
VR-Technologie, dem sogenannten „Novelty-Effekt“, erklärt werden, sondern waren auch darüber hinaus
beständig.
Diese Studienergebnisse lassen vermuten, dass Unterrichtsvideos in VR-Brillen noch realitätsnäher erlebt werden können. Damit haben 360-Grad-Unterrichtsvideos großes Potenzial – sowohl für Schulungen und Trainings in der Lehrkräftebildung als auch zur detaillierten Analyse des Unterrichtsgeschehens im Rahmen der Unterrichtsforschung.
Zur Publikation
Die Open-Access-Publikation von Tosca Daltoè, Evelin Ruth-Herbein, Birgit Brucker, Ann-Kathrin Jaekel, Ulrich Trautwein, Benjamin Fauth, Peter Gerjets und Richard Göllner finden Sie hier:
Daltoè, T., Ruth-Herbein, E., Brucker, B., Jaekel, A.-K., Trautwein, U., Fauth, B., Gerjets, P., & Göllner, R. (in press).
Immersive insights: Unveiling the impact of 360-degree videos on preservice teachers’ classroom observation experiences and
teaching-quality ratings. Computers & Education, 104976. https://doi.org/10.1016/j.compedu.2023.104976
Die Publikation entstand als Teil des Promotionsvorhabens von Tosca Daltoè, die als Doktorandin am IBBW und der Universität
Tübingen tätig ist.
Die in dieser Studie eingesetzten Unterrichtsvideos wurden im Rahmen des Videoprojekts zum UFB produziert.