18.07.2024
Regional – passend – vernetzt: Bildungsregionen als Verantwortungsgemeinschaft von Land und Kommunen (Dr. Anika Duveneck und viele weitere)
Am 26.09.2024, 15 - 17 Uhr laden wir Sie ein zum Wissenschaft-Praxis-Austausch (online) mit Impuls zum Thema Startchancen-Programm und Einblicken in Potenziale der kommunalen Ebene für Bildung vor Ort. Anmeldung
Kommunen sind der Ort, an dem die Kinder und Jugendlichen und ihre Familien leben, lernen und vielfältige Erfahrungen machen. Als Sozialraum und Lebensumfeld spielt die kommunale Ebene daher eine wichtige Rolle für das Gelingen von Bildung vor Ort. Das kommunale Bildungsmanagement in regionalen Bildungslandschaften ermöglicht ein vernetztes, systemübergreifendes und multiprofessionelles Zusammenwirken von unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren entlang der Bildungsbiografie von Kindern und Jugendlichen. Auf diese Weise kommen die Landesebene (z. B. staatliche Schulverwaltung) und die kommunale Ebene (z. B. Schulträger, Jugendhilfe, frühkindliche und außerschulische Bildung etc.) über Herausforderungen und Lösungsansätze miteinander ins Gespräch. Sie entwickeln ein besseres gegenseitiges Verständnis für ihre jeweiligen unterschiedlichen Perspektiven und können breitere Handlungsoptionen entwerfen. Kommunen verfügen über kleinräumiges regionales Kontextwissen über die Bildungs- und Aufwachsensbedingungen der Kinder und Jugendlichen. Dieses stellt für die Bildungsadministration eine wertvolle Quelle dar, z. B. beim Einbezug konkreter Problemstellungen aus der kommunalen Praxis in die Konzeption von Vorhaben oder bei der zielgerichteten Entwicklung. In diesem Sinne beleuchtet die Veranstaltung, welche Potenziale regionale bzw. kommunale Netzwerkstrukturen z. B. für die gelingende Umsetzung von Förderprogrammen wie „Lernen mit Rückenwind“ oder „Startchancen-Programm“ haben.
- Impulsvortrag Dr. Anika Duveneck: Anknüpfungspunkte zwischen dem Startchancen-Programm und dem Konzept der Kommunalen Bildungslandschaften aus wissenschaftlicher Perspektive. Im Anschluss an den Impulsvortrag haben Sie die Möglichkeit, mit Frau Dr. Duveneck ins Gespräch zu kommen.
- Ein Blick nach Baden-Württemberg: Das Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) gibt einen Einblick in den baden-württembergischen Ansatz des Landesprogramms Bildungsregionen als Struktur der staatlich-kommunalen Verantwortungsgemeinschaft.
- Parallele Fokusangebote: Bitte melden Sie sich zu einem der Fokusangebote an. Dort lernen Sie ausgewählte Beispiele aus der kommunalen Praxis kennen und tauschen sich mit den Personen aus, die die Zusammenarbeit vor Ort unterstützen und koordinieren.
Impulsvortrag: Unterschätzte Schätze – Erfahrungen und Kompetenzen der kommunalen Ebene für das
Startchancen-Programm
Dr. Anika Duveneck, Freie Universität Berlin
Die Gestaltung von gerechterer Bildung ist das Ziel sowohl des Startchancen-Programms der Bundesregierung als auch des Konzepts der
Kommunalen Bildungslandschaften. Dabei richten beide einen umfassenden Blick auf die an Bildungsprozessen beteiligten Ebenen, Bereiche und
Akteursgruppen. Deren Zusammenwirken soll eine bessere Förderung sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler
ermöglichen.
Auf kommunaler Ebene gibt es inzwischen langjährige Erfahrungen in der Gestaltung multiprofessioneller, ressort- und
ebenenübergreifender Zusammenarbeit in der Bildung. Im Bereich Bildungsmanagement haben sich dort professionelle Strukturen und
Kompetenzen gebildet. Der Wert von Maßnahmen zur Unterstützung der Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe ist für die
Schulen vor Ort unbestritten.
Vor dem Hintergrund verwundert die geringe Einbindung von Kommunen und ihrer Kooperationsexpertise in das Startchancen-Programm bzw. die
vorgesehenen Unterstützungssysteme. Dr. Anika Duveneck zeigt auf, welche Potenziale die kommunale Ebene für die Umsetzung des
Startchancen-Programms bietet und inwiefern es symptomatisch für das Thema Zusammenarbeit ist, dass der Bedarf nach Expertise und der
Erfahrungsvorsprung der Kommunen unterschätzt werden.
Zur Person:
Dr. Anika Duveneck ist Wissenschaftlerin an der Freien Universität Berlin und Expertin für multiperspektivische Zusammenarbeit im
Bildungsbereich. Ihre Schwerpunkte sind Kommunale Bildungslandschaften, Koordination zwischen Zuständigkeiten, Transfer und die
Zusammenarbeit mit Praxis. Am Beispiel des Campus Rütli hat sie selbst zur Zusammenarbeit mit kommunalen Akteuren und kommunalen
Bildungsansätzen zur Unterstützung sozial benachteiligter Schulen geforscht. Derzeit leitet sie u.a. das Teilprojekt Transfer des
BMBF-Metavorhabens zum Abbau von Bildungsbarrieren im Rahmenprogramm Empirische Bildungsforschung (ABIBA|Meta) und war aktiver Teil des
Expert*innenforums Startchancen zur Rolle von Kommunen. Sie ist regelmäßig als Beiratsmitglied und Expertin für die
Transferinitiative kommunales Bildungsmanagement aktiv und berät Kommunen in den Bereichen Bildung und Zusammenarbeit.
Kontakt: anika.duveneck@fu-berlin.de
Ein Blick nach Baden-Württemberg: Bildungsregionen als Koordinations- und Netzwerkstruktur für Stadt- und
Landkreise
Dr. Susanne Zeller und Frank Pfänder, Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg, Beratungsstelle für das
Landesprogramm Bildungsregionen
Das Land Baden-Württemberg hat sich vor über 15 Jahren auf den Weg gemacht und mit dem Landesprogramm Bildungsregionen eine
eigene Struktur etabliert, die große Potenziale für die Stärkung der Bildungsgerechtigkeit vor Ort bietet. Die
Bildungsregionen verfolgen das Ziel, durch eine strukturelle und zielgerichtete Koordination und Kooperation an Schnittstellen und
Übergängen entlang der Bildungsbiografie die Bildungs- und Teilhabechancen junger Menschen in den Städten und Landkreisen zu
verbessern. Im Sinne des lebenslangen Lernens nehmen sie die gesamte Kette von der frühkindlichen Bildung über die schulische und
außerschulische Bildung bis hin zur beruflichen Bildung und zur Erwachsenenbildung in den Blick. Die Bildungsregionen wirken darauf
hin, die verschiedenen Angebote und Strukturen entlang der Bildungsbiografie besser aufeinander abzustimmen. In einer
Verantwortungsgemeinschaft von Land und Kommunen greifen sie regionalspezifische Bedarfe und Bedingungen auf, setzen jeweils eigene
inhaltliche Schwerpunkte und bieten geeignete Strukturen, um gemeinsam regional passende Antworten auf aktuelle gesellschaftliche
Herausforderungen zu finden. Die im kommunalen Kontext gewachsenen Strukturen helfen aber auch dabei, landespolitische Vorhaben regional
passend umzusetzen. Beispiele dafür sind u. a. die sozial-emotionale Förderung und außerschulische Lernunterstützung
von Kindern und Jugendlichen. Das wird etwa durch zusätzliche kommunale Unterstützungsangebote in sozialstrukturell besonders
belasteten Sozialräumen geleistet. Auch die Kooperation der beiden Teilsysteme Jugendhilfe und Schule in Themenfeldern wie
Schulabsentismus, Ganztag etc. sind dafür wertvolle Bausteine. Susanne Zeller und Frank Pfänder (IBBW) stellen in ihrem Beitrag
den baden-württembergischen Ansatz der Bildungsregionen vor und machen Anknüpfungspunkte zu aktuellen bildungspolitischen
Schwerpunkten sichtbar.
Parallele Fokusangebote: Einblicke in die kommunale Praxis (16.30 bis 17.00 Uhr)
1 Bildungsregion Stuttgart: Fachkräfte-Tandem Zuffenhausen – Verbesserung der Bildungs- und Lebenssituation von
Kindern und Jugendlichen in Sozialunterkünften
Theoklis Chimonidis, Abteilung Stuttgarter Bildungspartnerschaft
Alleinerziehende, Familien und Alleinstehende, die aus den verschiedensten Gründen ihr Zuhause verloren haben, erhalten in den so
genannten Sozialunterkünften der Stadt Stuttgart ein Obdach. Die dort lebenden Kinder und Jugendlichen leiden unter beengten
Wohnverhältnissen, prekären Lebenszusammenhängen und fehlenden Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten. Mit ihrem milieu-,
kultur- und sprach-sensiblen Ansatz unterstützen die Fachkräftetandems die betroffenen Familien in ihren individuellen
Problemlagen. Ganz im Sinne einer sozialraumorientierten Verantwortungsgemeinschaft sind die Fachkräftetandems eng an die bestehenden
Hilfesysteme in den jeweiligen Stadtbezirken angebunden. Jeweils eine Fachkraft nimmt die Bedarfe und Handlungsoptionen der Kinder und
Jugendlichen in den Blick, während die zweite Fachkraft die Situation der Eltern fokussiert. Die Kinder und Jugendlichen erhalten vor
allem Unterstützung in schulnahen Themen sowie Spiel- und Beschäftigungsangebote zur Stabilisierung ihrer psychosozialen
Entwicklung. Die Eltern erfahren z. B. Unterstützung bei der Artikulation und Wahrnehmung ihrer Grundbedürfnisse, bei
Behördengängen oder bei Fragen zum Bildungssystem.
Theoklis Chimonidis stellt Ihnen das Angebot der Fachkräftetandems vor und freut sich darauf, mit Ihnen darüber ins Gespräch
zu kommen.
2 Bildungsregion Landkreis Biberach: Individuelle Mentoring-Programme von Grundschule bis zu den Abschlussklassen und deren
Überführung in das Landesprogramm „Lernen mit Rückenwind“
Katharina Jehle und Daniel Horst, Regionales Bildungsbüro Landkreis Biberach
Im Rahmen von Patenschafts- und Mentoring-Angeboten erhalten Kinder, denen grundlegende schulische und soziale Kompetenzen fehlen, in
Absprache mit Elternhaus und Schule eine kontinuierliche, individuelle und lebensnahe Begleitung durch ehrenamtliche Patinnen und Paten.
Die Persönlichkeitsbildung und die sozial-emotionale Entwicklung soll dadurch ebenso gestärkt werden wie der schulische Erfolg
und der Übergang in eine berufliche Ausbildung. Die ehrenamtliche außerschulische Lernunter-stützung erfolgt in enger
Abstimmung mit den Lehrkräften und entlang eines individuellen Förderplans. Rückmeldungen sowohl der Lehrkräfte als
auch der Patinnen und Paten deuten darauf hin, dass die Kinder in vielfältiger Weise von der zusätzlichen Unterstützung
profitieren: Ihre Lernmotivation und ihre Konzentrationsfähigkeit steigern sich, sie lernen ihre eigenen Fähigkeiten besser
einzuschätzen, sind besser in den Klassenverband integriert, erweitern ihre Alltagskompetenzen und erfahren Selbstwirksamkeit. Mit dem
Ziel einer verbesserten Abstimmung der vor Ort bereits bestehenden kommunalen Angebote mit entsprechenden landespolitischen Maßnahmen
wurden die bestehenden Patenschafts- und Mentoring-Strukturen passgenau an das Förderprogramm „Lernen mit Rückenwind“
in der Folge der Corona-Pandemie angebunden. Das Regionale Bildungsbüro übernahm die Gesamtkoordination, die pädagogische
Leitung und die Begleitung und Fortbildung der Patinnen und Paten.
Katharina Jehle und Daniel Horst berichten Ihnen von ihren bisherigen Erfahrungen und sind gespannt auf Ihre Fragen und den Austausch mit
Ihnen.
3 Bildungsregion Schwarzwald-Baar-Kreis: Verantwortungsgemeinschaft an zwei Beispielen: „Schülerinnen und
Schüler der beruflichen Schulen in problematischen Lebenslagen“ und „Neu zugewanderte Schülerinnen und
Schüler“
Andreas Meßmer, Regionales Bildungsbüro Schwarzwald-Baar-Kreis
Quer durch die verschiedenen Schularten nehmen Lehrkräfte, aber auch Fachkräfte der Schulsozialarbeit oder
AVdual-Begleitungen eine Zunahme von psychischen Belastungen und zum Teil multiplen Problemlagen und sich überlappenden
Benachteiligungskonstellationen von Kindern und Jugendlichen wahr. Die Folgen für die Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten der
betroffenen Kinder und Jugendlichen sind gravierend und erfordern ein abgestimmtes Zusammenwirken der verschiedenen pädagogischen
Professionen. Parallel dazu stehen die Schulen vor der Herausforderung, den auch unterjährig ankommenden neu zugewanderten Kindern und
Jugendlichen trotz angespannter Fachkräfte- und Raumsituation möglichst zeitnah ein passendes Bildungsangebot machen zu
können. Die staatlich-kommunale Verantwortungsgemeinschaft als Grundidee der Bildungsregionen birgt das Potenzial, vor Ort eine
tragfähige Kommunikationsstruktur zwischen Schulleitungen, Schulträgern, Schulaufsicht, Jugendhilfe und weiteren
Prozessbeteiligten zu etablieren. Die multiprofessionelle Perspektive und ein gemeinsames Problembewusstsein helfen dabei, regional
passende Handlungsmöglichkeiten und zielgruppenspezifische Angebote für junge Menschen in besonders schwierigen Lebenssituationen
zu entwickeln.
Andreas Meßmer zeigt an zwei konkreten Beispiel auf, wie dies in der Praxis gelingen kann, und freut sich auf Ihre Fragen und
Rückmeldungen.
4 Bildungsregion Heilbronn: Schnittstellen zwischen strategischer Stadtentwicklung und kooperativer Lehrkräftebildung:
Einblicke in das Heilbronner Konzept zur durchgängigen Sprachförderung
Julia Speidel, Stadt Heilbronn, Sachgebietsleitung Bildung, Wissen, schulischer Ganztag
Clara Rein, Projektmanagerin Siegel „Sprachsensible Schule“
Das Heilbronner Konzept zur durchgängigen Sprachförderung begreift die Förderung der Bildungssprache als eine
strategische Aufgabe der Stadtentwicklung. Das Ziel ist es, den jungen Menschen in der Stadt größere Bildungschancen und damit
auch besser Chancen auf eine selbstbestimmte und gelingende gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Dabei setzt das Konzept mit
seinen einzelnen Bausteinen bewusst auf Durchgängigkeit und auf den Aufbau nachhaltiger Strukturen jenseits von der Förderung
einzelner Projekte. Wichtige Grundsätze des Konzeptes sind aber auch die fachliche Qualifizierung der Fach- und Lehrkräfte und
die konsequente Förderung und Wertschätzung der Erstsprachen die Kinder und Jugendlichen. Die Sprachförderung ist integriert
und nicht additiv angelegt. Teil des Konzeptes ist das Programm „Siegel Sprachsensible Schule“ auf der Basis eines modular
aufgebauten Qualifizierungsangebotes für Schulen in Kooperation mit dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung und den
Seminaren.
Julia Speidel und Clara Rein bieten Ihnen interessante Einblicke in das Heilbronner Sprachförderkonzept und zeigt die Potenziale einer
engen Kooperation zwischen der Stadt und dem Land (Schulaufsicht, Lehrkräfteaus- und -fortbildung) auf. Sie freuen sich auf Ihre
Fragen und auf den Austausch mit Ihnen.
Informationen zur Veranstaltung
Die Veranstaltung findet am Donnerstag, 26.09.2024 von 15.00 – 17.00 Uhr online mit Webex statt.
Die Teilnahme ist kostenfrei.
Eine Anmeldung bis zum
23.09.2024 ist erforderlich.
Den Teilnahmelink erhalten Sie kurz vor der Veranstaltung per Mail.
Die Veranstaltung ist eine der Aktivitäten des IBBW im Bereich Wissenschaftstransfer und findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe „IBBW - Wissenschaft im Dialog“ statt.
Kontakt
IBBW - Referat 43: Entwicklung von Standards, Wissenschaftstransfer
Nicole Stein
nicole.stein@ibbw.kv.bwl.de
Dr. Alexandra Dehmel
alexandra.dehmel@ibbw.kv.bwl.de