12.10.2022
Kooperatives Lernen im Unterricht im Spannungsverhältnis zwischen Theorie und Praxis
Prof.‘in Dr. Katja Adl-Amini (Technische Universität Darmstadt) &Dr. Vanessa Völlinger (Justus-Liebig-Universität Gießen)
Präsentation: Kooperatives Lernen zwischen Theorie und Praxis (pdf)
Praxisimpuls (pdf): Dominique Greger (ZSL Regionalstelle Freiburg, Fachberaterin Unterrichtsentwicklung)
Kurzbericht
Die Veranstaltung mit ca. 140 Teilnehmenden thematisierte das Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis beim kooperativen Lernen.
Prof.‘in Dr. Katja Adl-Amini und Dr. Vanessa Völlinger gaben zunächst eine theoriegeleitete Einführung in das pädagogische Konzept des kooperativen Lernens. Dazu wurden die fünf Basiselemente des kooperativen Lernens (positive gegenseitige Abhängigkeit, individuelle Verantwortlichkeit, unterstützende Interaktion, kooperative Kompetenzen und Reflexion der Zusammenarbeit und Ergebnisse) am Anwendungsbeispiel des Gruppenpuzzles erläutert.
Ein anschließender Blick in die Befundlage empirischer Untersuchungen zeigt den positiven Einfluss des kooperativen Lernens auf fachliche als auch überfachliche Kompetenzen der Lernenden.
Obwohl kooperatives Lernen aus Perspektive der Forschung auch als „Erfolgsgeschichte“ bezeichnet wird (Slavin et al., 2003),
wird kooperatives Lernen im Unterrichtsalltag vergleichsweise weniger häufig eingesetzt. Als „Herausforderungen“ beim
kooperativen Lernen werden häufig der höhere Vorbereitungs- und Zeitaufwand, der Fokus auf die Leistungsentwicklung der
Lernenden, eine erschwerte Klassenführung sowie widersprüchliche Anforderungen an die Lehrkräfte genannt.
Zum Nachlesen: Adl-Amini/Völlinger (2021): Kooperatives Lernen im Unterricht (Wirksamer Unterricht, Band 4)
Die anschließenden Praxisimpulse gaben Einblicke und Implikationen, wie kooperatives Lernen im Unterricht gewinnbringend für alle Beteiligten eingesetzt werden kann:
Pierre Monier steuerte den ersten Praxisimpuls bei und ging auf die Gelingensbedingungen der Phase „Austausch“ beim kooperativen Lernen ein. Als grundlegend hob er das Vermitteln von Sicherheit sowie das Erzeugen persönlicher Verantwortung der Schülerinnen und Schüler hervor.
Dominique Greger erklärte zu Beginn des zweiten Praxisimpulses den Mehrwert des kooperativen Lernens für die Lehrkräfte, die ihre Zeit und Aufmerksamkeit hier besser auf die individuelle Unterstützung der Lernenden verwenden können. Ihrer Erfahrung nach habe kooperatives Lernen für Lernende das Potenzial, den „Teufelskreis“ aus fehlender Aufgabenpassung, geringerer Erfolgszuversicht, geringerer Anstrengungsbereitschaft und Rückzug der Lernenden im Unterricht zu durchbrechen. Durch das kooperative Lernen könnten die Schülerinnen und Schüler durch die gegenseitige Unterstützung und persönliche Verantwortlichkeit wieder Erfolgserlebnisse erzielen und in das Unterrichtsgeschehen eingebunden werden. Bildlich gesprochen könne kooperatives Lernen zur Entstehung eines „Engelskreises“ der Erfolgszuversicht und Anstrengungsbereitschaft beitragen.
In der abschließenden Diskussion tauschten sich die Teilnehmenden über verschiedene Möglichkeiten aus, das kooperative Lernen im digitalen Raum anzuwenden. Ein weiterer Diskussionspunkt stellte der Umgang mit störenden Lernenden beim kooperativen Lernen dar. Es wurde empfohlen, als Einstieg in das kooperative Lernen die Bildung kleinerer Gruppen oder Partnerarbeiten zu wählen und Strukturierungshilfen zu bieten. Darüber hinaus habe die Lehrkraft beispielsweise die Möglichkeit, während der Gruppenarbeit gezielter auf einzelne, störende Lernende eingehen zu können. Auch wurde geraten, bei der Einführung von Methoden kooperativen Lernens die sozialen Kompetenzen zu trainieren.
Als Fazit wurde hervorgehoben, dass die Anwendung des kooperativen Lernens in heterogenen Klassen mit einigen Herausforderungen einhergehe, aber gerade dort besonders gewinnbringend in Bezug auf fachliche und überfachliche Aspekte eingesetzt werden können.