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11.07.2023

PASST! Formative Assessments auf dem Weg zum adaptiven Unterricht

Prof. Dr. Benjamin Fauth, Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg

Vortrag PASST! Formative Assessments auf dem Weg zum adaptiven Unterricht (pdf 1,6 MB)

Nutzungsrechte aller Materialien gemäß CC BY-NC-ND 4.0

Kurzbericht

Prof. Dr. Benjamin Fauths einleitender Impuls behandelte das „formative Assessment“ und dessen Relevanz für den adaptiven Unterricht. Es folgte eine kurze Begriffsklärung und Kontextualisierung, bei der „formatives Assessment“ charakterisiert und „summativem Assessment“ gegenübergestellt wurde. „Formatives Assessment“ sei eine integrierte Leistungsmessung, um das Lernen der Schülerinnen und Schüler zu unterstützen und erfülle damit den Zweck der Informationsgewinnung und nicht der Bewertung. Es erfolge wiederholt während des Lernprozesses und ermögliche so, Maßnahmen zu ergreifen, um das Lernen zu verbessern. „Summatives Assessment“, eine rückblickende Bewertung, biete diese Möglichkeit nicht, sondern diene lediglich der Bilanzierung. 

„Formatives Assessment“ ermögliche Lernenden und Lehrenden die Reflexion des Lernprozesses. Die Unterrichts- und Lerngestaltung könne daraufhin verbessert werden und stehe somit in engem Zusammenhang mit der Unterrichtsqualität. Es sei, so Fauth, eine Systematisierung von guter professioneller Praxis, also keine Neuerfindung, sondern lediglich eine Weiterentwicklung der Lernstandserhebung, die von Lehrkräften bereits unsystematisch durchgeführt würde – mit sogenannten „on the fly-Assessments“. Dazu gehören beispielsweise Einschätzungen durch Unterrichtsgespräche. Beim „formativen Assessment“ geschieht das mit standardisierten Kurztests. 

Die Wissenschaft sei sich einig: Mit „formativem Assessment“ kann individueller Lernstand, die Voraussetzungen und der weitere Lernentwicklungsweg und ermittelt werden. Damit sei es eine zentrale Voraussetzung für erfolgreichen adaptiven Unterricht. Für die kognitive Aktivierung und konstruktive Unterstützung seien adaptiver Unterricht und „formatives Assessment“ als Basisbestandteile anzusehen. Außerdem solle „formatives Assessment“ unbedingt fachdidaktisch basiert sein.

Beim Scaffolding, dem Bereitstellen von angepassten unterstützenden Lerngerüsten, sei „formatives Assessment“ Voraussetzung, um die Zone der proximalen Entwicklung der Lernenden, die sich im Anforderungsbereich zwischen Unter- und Überforderung befindet, zu ermitteln. Auch beim „Flexible Grouping“ benötige die passgenaue Zuteilung in Gruppen formative Diagnostik.

Fauth unterstützte seine Ausführungen empirisch. Präsentiert wurde eine RCT-Studie (randomized controlled trial), bei der eine standardisierte Unterrichtseinheit zum Thema „Schwimmen und Sinken“ untersucht wurde. Es zeigte sich, dass Schüler der Experimentalgruppe mit integriertem „formativen Assessment“ mehr gelernt haben als Schüler der Kontrollgruppe. Ebenso waren differenzielle Effekte zu beobachten, die darauf schließen ließen, dass vor allem schwächere Schülerinnen und Schüler profitieren.

Als Beispiel für ein bereits vorhandenes Tool für die Lernverlaufsdiagnostik wurde quop angeführt, welches mit regelmäßigen 15-minütigen Tests (alle 3-4 Wochen) in Lesen, Mathematik und Englisch eingesetzt werden kann. 

Ein Projekt des IBBW zu „computerbasierten formativen Assessments“ (Co-FormAt) solle in Zukunft zur Verbesserung der Leistung und Motivation der Grundschüler beitragen und Impulse für Schul- und Unterrichtsentwicklung generieren. Zentral stehe die Entwicklung fachdidaktisch fundierter Onlinetools zur Lernverlaufsdiagnostik. Perspektivisch erwähnt Fauth ein zentrales Netzwerk, in welches formative Assessmenttools eingebettet sein sollen.

Zentrales Thema in der anschließenden Diskussion war die Implementation, primär mit Fokus auf den Faktor Lehrkräfte. Lehrkräfte hätten zum aktuellen Stand einen zu großen Aufwand mit der Implementation, außerdem seien Onlinetools im Sekundarbereich zu unterkomplex, um Kompetenzen messen zu können. Das läge vor allem an der inhaltlichen Tiefe und der thematischen Differenzierung. Gefordert wurden Infrastrukturen, für die Implementation von Tools und ein klares Commitment zu Kompetenzrastern, die wissenschaftlich validiert sein sollen und den Instrumenten zugrunde liegen sollten. Im Genaueren wurde diskutiert, wie und welches Feedback Lehrkräften zur Verfügung gestellt werden solle, um ihnen Arbeit abzunehmen. Es bestand Einigkeit über die Notwendigkeit, vermehrt individuelle und kriteriale Bezugsnorm anzuwenden, angemerkt wurde aber auch, dass die soziale Bezugsnorm für Lehrkräfte trotzdem wichtig sei. 

Literatur und Links:

Käfer, J., Herbein, E. & Fauth, B. (2021). Formatives Feedback im Unterricht. Wirksamer Unterricht Bd. 5. Stuttgart

Standardisierte Leistungstest im Fach Geschichte (HiTCH; Projekt des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung der Universität Tübingen)

Zu Data Literacy für die Praxis: 

Dehmel, A. (2022). Mit Daten zu besserem Unterricht. Erkenntnisse von der 30. EMSE-Tagung „Nutzung von Daten zur Qualitätsentwicklung im schulischen Bereich“. campus schulmanagement

Dehmel, A., Fauth, B. & Klein, G. (2021). Förderung datengestützter, evidenz- und praxisorientierter Qualitätsentwicklung im Bildungsbereich. Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des Instituts für Bildungsanalysen Baden-Württemberg. Berufsbildung. Zeitschrift für Theorie-Praxis-Dialog, 188, 3-7.

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