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10.10.2023

Gemeinschaft und Individualisierung im adaptiven Unterricht – PASST! das zusammen?

Dr. Simon Ohl & Marie-Louise Spitta

Vortrag Gemeinschaft und Individualisierung im adaptiven Unterricht – PASST! das zusammen? (pdf 3,3 MB)

Eine weitere Nutzung der Vortragsfolien darf nur mit Zustimmung von Simon Ohl und Marie-Louise Spitta erfolgen.

Kurzbericht

Die Referierenden erklärten zu Beginn das Prinzip des Adaptiven Unterrichts, in dem der Heterogenität der Lernenden durch die Passung von Unterrichtsangebot zu individuellen Lernvoraussetzungen begegnet werde. Adaptiver Unterricht stelle eine flexible Form der Individualisierung dar. Häufig arbeiteten die Lernenden in einem individualisierten Unterricht zur gleichen Zeit an unterschiedlichen Aufgaben und seien sogar mit unterschiedlichen Fächern beschäftigt. Kritiker und Kritikerinnen des individualisierten Unterrichts würden darin die Gefahr sehen, dass der fachliche Austausch und das soziale Miteinander in der Lerngruppe eingeschränkt werde.

Ein adaptiver Unterricht, der an den individuellen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler orientiert ist, sollte jedoch auch das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit befriedigen. Insbesondere in heterogenen Lerngruppen stelle sich dabei die Herausforderung, die Individualität der einzelnen Lernenden hervorzuheben und gleichzeitig ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen. Das Verhältnis zwischen Individualisierung und Gemeinschaft im adaptiven Unterricht könne somit als Spannungsfeld beschrieben werden.

Wie auf dieses Spannungsfeld reagiert werden kann, stellte Herr Dr. Ohl anhand von Erkenntnissen dar, die im Rahmen des Projekts Ada*Q („Adaptivität und Unterrichtsqualität im individualisierten Unterricht“) gewonnen wurden, vor. Es zeige sich, dass differenzierte Aufgabenstellungen, Instruktionen, Materialien oder Diagnostik hilfreich sein können. Auch stelle sich im Rahmen der Studie heraus, dass beim Umgang mit Heterogenität flexible Strukturen wie räumliche Flexibilität, Flexibilität in der Zusammensetzung von Lerngruppen oder zeitliche Flexibilität hilfreich seien.

Frau Spitta stellte ihre Eindrücke aus dem Alltag verschiedener Schulen vor, die sie während eines Sabbatjahrs besuchte. In ihrer eigenen Schule, der Alemannenschule Wutöschingen, werde etwa räumliche Flexibilität mit Lernateliers, Marktplätzen oder Inputräumen geschaffen. Hier könne zwischen Räumen, in denen angeleitetes Lernen stattfinde, und Räumen, in denen alleine oder miteinander gelernt werde, gewechselt werden. In Montessori-Schulen werde räumliche Flexibilität bedient, indem es keine festen Lernplätze für Schülerinnen und Schüler gebe und kleine Sitzgruppen für Gruppenarbeiten geschaffen würden. Auch in Jena-Plan Schulen werde die Flexibilität eines Raumes durch verschiedene Sitzmöglichkeiten gebildet. Es wurden weitere Strategien von Schulen vorgestellt, wie mit der zeitlichen Flexibilität und Flexibilität von Lerngruppen umgegangen werden kann. Beispielsweise verfügten alle Schülerinnen und Schüler der Alemannenschule Wutöschingen über einen eigenen Zugang zu digitalen oder analogen Selbstlernmaterialien.

Nach den Einblicken in die Schulpraxis wurde von den Vortragenden die Frage gestellt, wie eine Gemeinschaft geschaffen werden könne, wenn die Schülerinnen und Schüler heterogene Voraussetzungen haben und sich zugleich mit unterschiedlichen Lernmaterialien beschäftigen. Hier erklären sie, dass das Erleben von Gemeinschaft durch gemeinsame Rituale, dem gemeinsamen Feiern von Erfolgen oder durch gegebenen Raum für den Austausch der eigenen Gefühle geschaffen werden kann.

Die Vortragenden führten in der Alemannenschule Wutöschingen eine Befragung darüber durch, ob und wie stark das Gemeinschaftsgefühl unter den Schülerinnen und Schülern ausgeprägt sei. Die Ergebnisse wurden mit denen des Ada*Q-Projekts verglichen. Dabei konnten die Forschenden feststellen, dass das Gemeinschaftsgefühl insgesamt an der Alemannenschule als auch beim Ada*Q-Projekt stark ausgeprägt ist.

Dies kann der Kritik entgegengehalten werden, dass durch adaptiven Unterricht die Herstellung eines Gemeinschaftsgefühls erschwert werde.

Diskussion

In der Diskussion wurde deutlich, dass es in der Schule vor allem eine breite Bereitschaft geben müsse, adaptiven Unterricht zu integrieren. Auch sollten sich Schulen bewusstmachen, dass die Umstellung auf adaptiven Unterricht ein Prozess sei. Die Rolle der Schulleitung sei zentral; mit der Entscheidung für Adaptivität gehe oft auch eine Veränderung der Führungs- und der gesamten Schulkultur einher.  

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