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15.05.2024

Games und interaktive Medien – Welchen Beitrag können sie für das schulische Lernen leisten?

ProfDr. Jan M. Boelmann

Vortrag Games und interaktive Medien – Welchen Beitrag können sie für das schulische Lernen leisten? (11,3 MB) 

Eine weitere Nutzung der Vortragsfolien darf nur mit Zustimmung von Prof. Dr. Jan Boelmann erfolgen.

Kurzbericht

Prof. Dr. Jan M. Boelmann stellte zunächst das Zentrum für didaktische Computerspielforschung (ZfdC) an der PH Freiburg vor, das sich in seiner Forschung mit der Nutzbarmachung von Computerspielen für den Unterricht beschäftigt. In der Vielzahl von Projekten werden z.B. Klassen dabei wissenschaftlich begleitet, wie und wie erfolgreich sie mit und durch Computerspiele lernen. Auf der Website des Zentrums befinden sich öffentlich zugänglich bereits eine große Zahl von Forschungsergebnissen zu beforschten Spielen mit kurzen Vorstellungsvideos sowie dazugehörige Unterrichtsmaterialien.

Danach spannte Prof. Boelmann zunächst den Bogen zum Lernen und wie es sich über die letzten Jahre durch die Digitalisierung verändert habe. Das Lernen in der Schule müsse mittlerweile über Wissensvermittlung hinausgehen, da Wissen durch die unmittelbare Verfügbarkeit des Internets nicht mehr im Mittelpunkt der Vermittlung stehen könne. Gleichzeitig bewirke die Digitalisierung einen veränderten Lebensweltbezug der Menschen. Digitalität sei Bestandteil unseres Alltags geworden und müsse auch im Unterricht ankommen. Durch die Digitalisierung ergäben sich vielfältige neue Möglichkeiten, Unterricht durchzuführen und Lernen zu fördern. Es gelte also auf einer didaktischen Ebene die Potenziale von Computerspielen zu erforschen, um sie für den schulischen Kontext nutzbar zu machen. Die Kernfrage für die Didaktik laute somit „Warum soll was gelernt werden?“. Prof. Boelmann sieht hier ein neues Verhältnis zwischen Wissen, Können und Bewusstheit, bei dem vor allem Metakognition, kritisches Denken sowie Problemlösefähigkeiten in den Fokus rücken. Das Potenzial von Computerspielen, die Lernenden kognitiv zu aktivieren und eine Vielzahl von Kompetenzen zu entwickeln, sei groß. So könnten z.B. durch die Immersion in ein historisches oder literarisches Computerspiel Erfahrungen gemacht werden, die im analogen Raum nicht möglich seien. 

Im Anschluss ging Prof. Boelmann auf die Begriffe Gamification, Computerspiele, Game-Based-Learning, Serious Games ein. Er problematisierte die Tendenz, dass über die Gamification das Lernen nicht mehr um des Lernens willen stattfinde (z.B. um selbst besser werden zu wollen), sondern über Belohnungssysteme zunehmend extrinsisch motiviert werde. Gleichzeitig könne aber Gamification das Lernen durch Üben spaßvoller gestalten und so zum Lernen motivieren. Computerspiele dagegen könnten durch problemlöseorientiertes Handeln und Ausprobieren als aktives Experimentieren begriffen werden und können die kindliche selbstbestimmte, spielerische Auseinandersetzung mit Lerninhalten unterstützen. Durch die verschiedenen Settings, die Computerspiele bieten, würden die Lernenden z.B. immer wieder in die Rolle von Figuren hineingeworfen und etwa mit Dilemmasituationen konfrontiert. Durch Erfahrungslernen im literarischen Computerspiel finde eine Perspektivübernahme der Schülerinnen und Schüler mit den Charakteren in Computerspielen statt. Gleichzeitig werde durch das Computerspiel eine fiktive Welt betreten, die neue Anreize zum Lernen bieten könne. Die Spielenden müssten sich mit den In-Game-Charakteren quasi auf eigene Faust auseinandersetzen, interagieren, reden und sie dabei erforschen.

Prof. Boelmann stellte einige zum Teil selbst mitentwickelte und beforschte Spiele vor und verdeutlichte exemplarisch die Einsatzbereiche und Umsetzungsmöglichkeiten von Computerspielen für den Unterricht.

Zunächst einmal müssten Computerspiele als erstzunehmende didaktische Werkzeuge wahrgenommen werden und das professionelle Wissen sowie die Überzeugungen von Lehrkräften erweitert werden. Computerspiele können dann 

  • als Gegenstand (z.B. wie eine Ganzschrift), 
  • in Inputphasen (z.B. ein moralisches Dilemma, interaktive 3D-Modelle) oder
  • als Thema (z.B. Simulationen / Experimente)

im Unterricht eingesetzt werden.

Dies könne über verschiedene Medialitäten erfolgen: Tablet/Smartphone, PC/Laptop, Augmented Reality/Virtual Reality (AR/VR), wobei AR/VR aktuell noch am wenigsten verbreitet sei.

Der didaktische Ansatz beim Einsatz von Computerspielen im Unterricht verknüpfe die Erfahrung mit der Instruktion. Die Idee dabei sei, dass die Lernenden nicht stundenlang im Spiel unterwegs seien, sondern dass an bestimmten Punkten der Fortschritt etwa über Arbeitsblätter oder analoge Unterrichtsinteraktion kanalisiert werde. So böten Computerspiele Inhalt und Erfahrung an, während die Arbeitsblätter den Transfer in den Unterricht herstellten. Im Spiel Erlebtes könne dokumentiert und reflektiert werden. Wichtig bei der Wahl des Computerspiels sei zu beachten, dass verschiedene Computerspiele unterschiedliche Lernmöglichkeiten und Lernanlässe böten. Die Einbettung von Computerspielen in bewährte analoge Unterrichtsaktivitäten, die in den gezeigten Produkten enthalten sind, erleichtern den Zugang für Lehrkräfte.

Mögliche Lernfelder:

  • Literaturunterricht, vergleichbar mit der Behandlung einer Ganzschrift
  • Demokratiebildung durch Erfahrungslernen in digital selbst erlebten Situationen
  • Mathematische Experimente, z.B. zur Wahrscheinlichkeitsrechnung
  • Englisch, z.B. Hörverstehen unterstützt durch Visualität
  • Historisches Lernen durch unmittelbares Erfahrungslernen in digitalen, historischen Settings, die analog kaum hergestellt werden könnten
  • Naturwissenschaftliche Experimente, z.B. Brückenbau

Themen in der Diskussion

  • Veränderung der Wissensvermittlung zu Gunsten metakognitiver Fähigkeiten
  • Games in Prüfungssettings
  • Entwicklung von Computerspielen durch Schülerinnen und Schüler
  • Akzeptanz von Games im Unterricht 
  • Escape-Rooms-Forschung
  • Computerspiele für die berufliche Bildung
  •  Bildungspolitisches Interesse für Computerspieleforschung in den Bundesländern 

Links & Materialien

Website des Zentrums für didaktische Computerspielforschung: 
https://www.ph-freiburg.de/zfdc

Eder, T., Scheiter, K., & Lachner, A. (2023). Einsatz digitaler Medien für einen wirksamen Unterricht. Wirksamer Unterricht Band 9. Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg

IBBW - Wissenschaft im Dialog - PASST! adaptiver Unterricht mit digitalen Medien: Diagnose - Unterricht – Kooperation mit Prof. Dr. Andreas Lachner & Dr. Christine Plicht, Universität Tübingen. Dokumentation der Veranstaltung

Twine: Tool zur digitalen Gestaltung von non-linearem, interaktivem Erzählen
https://twinery.org

App-Ideen zum digitalen Lesen:
https://www.mentor-bundesverband.de
https://lesenmit.app/
http://www.ene-mene-mobile.de/

Sonstige Zugänge zu Computerspielen:
http://www.spieleratgeber-nrw.de
http://www.spielbar.de/
http://www.gamestar.de

 

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