08.04.2025
Vom Problem zur praxisnahen Lösung – Schulentwicklung als Design-Prozess
Prof. Dr. Isabell van Ackeren-Mindl und Schulleiterin Christine Kröner
Vortrag Vom Problem zur praxisnahen Lösung – Schulentwicklung als Design Prozess (pdf 3 MB)
Nutzungsrechte aller Materialien gemäß CC BY-NC-ND 4.0
Kurzbericht
Die 43. Veranstaltung von IBBW – Wissenschaft im Dialog (WiD) am 08.04.2025 widmete sich dem Thema „Vom Problem zur praxisnahen Lösung – Schulentwicklung als Design-Prozess“. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Schulen komplexe Herausforderungen als Chance für Innovation verstehen und mittels eines designbasierten Vorgehens nachhaltig gestalten können.
Prof. Dr. Isabell van Ackeren-Mindl stellte in ihrem Impulsvortrag die theoretischen Grundlagen des „Designbasierten Schulentwicklungsprozesses“ (DBSE) vor. Anschaulich zeigte sie auf, wie DBSE dazu beiträgt, klare und realisierbare Handlungsansätze zu formulieren und das auch unter knappen Ressourcen. Dabei betonte sie, dass Probleme nicht nur als Hindernisse, sondern als echte Chancen verstanden werden sollten.
Dieser Ansatz, angewendet im Rahmen des Projekts „SchuMaS – Schule Macht Stark“, überträgt den Design-Gedanken auf schulische Entwicklungsprozesse: Innovationen werden gezielt auf Basis realer schulischer Bedarfe eingeführt und iterativ in Feedbackschleifen angepasst. Besonders hervorgehoben wurde dabei die Rolle der Schulleitungen, die im Projekt innerhalb sogenannter Werkstätten von Experten und Expertinnen ausgebildet wurden mit dem Ziel, den designbasierten Schulentwicklungsansatz in ihre Schulen hineinzutragen und dort zu erproben. Dabei erhalten sie verschiedene methodische Schritte an die Hand. Prof. van Ackeren-Mindl machte deutlich, dass Schulleitungen in diesem Prozess als „Designende“ oder „Innovation Engineers“ agieren, die Veränderung aktiv gestalten.
Zentrale Aspekte des Vortrags waren die einzelnen Phasen des Designprozesses – von der Problemidentifikation über die Ursachenanalyse bis hin zur Entwicklung, Umsetzung und Evaluation evidenzbasierter Maßnahmen. Darüber hinaus betonte Prof. van Ackeren-Mindl die Bedeutung psychologischer Grundbedürfnisse im Kollegium und sogenannter „Change Drivers“ als Motoren für Veränderung. Ein besonderes Augenmerk lag auf dem Prinzip der kollektiven Handlungsfähigkeit („collective agency“) sowie der ko-konstruktiven Zusammenarbeit im Kollegium.
Im zweiten Teil schilderte Schulleiterin Christine Kröner praxisnah, wie ihre Schule im SchuMaS-Projekt mithilfe des DBSE-Ansatzes Schulentwicklungsprozesse angestoßen hat und wie diese sich weiterentwickeln. Ausgangspunkt sei das drängende Problem von Unterrichtsstörungen gewesen. Schritt für Schritt sei mit dem Kollegium ein Konsens über die Relevanz des Problems hergestellt worden. Es folgte eine detaillierte Ursachenanalyse mittels Strichlisten und Fischgräten-Modell. Der Fokus liege dabei immer auf veränderbaren Faktoren innerhalb der Schule. Lösungen würden im Kollegium selbst entwickelt – hier etwa durch Anpassungen in der Pausengestaltung oder der Gestaltung des Unterrichts. Der Prozess erfolge iterativ und von Evaluation begleitet. Dabei zeige sich, dass viele kleine, konkrete Maßnahmen das große Problem handhabbar machten.
Ein zentrales Fazit ist die große Bedeutung des Perspektivwechsels: Probleme würden nicht als Belastung, sondern als Ausgangspunkt für sinnvolle Veränderung betrachtet. Sie beschrieb diesen Wandel als einen kontinuierlichen Schulentwicklungsprozess, der nicht stagniere, sondern im ständigen Fluss bleibe. Dieser neue Blick stärke nicht nur die Innovationskraft einer Schule, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl im Kollegium.
In der anschließenden Diskussion zeigten die Teilnehmenden großes Interesse an der konkreten Umsetzung des Designprozesses in der eigenen Schule. Diskutiert wurden unter anderem:
- der Umgang mit Widerständen im Kollegium
- die Rolle datengestützter Analyseverfahren wie Strichlisten
- zeitliche Ressourcen für Schulentwicklungsprozesse
- die Einbindung von Lernenden und Eltern in die Schulentwicklung
Hervorgehoben wurde, dass dieser Ansatz eine bewusste Auseinandersetzung mit tieferliegenden Ursachen erfordert – im Gegensatz zu häufig rein reaktiven Problemlösungsstrategien im Schulalltag.