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06.12.2022

Nachgefragt: Wirksamer Unterricht – Fehler im Unterricht als Lernchance nutzen

Prof. Dr. Markus Dresel (Universität Augsburg) & Prof. Dr. Jürgen Seifried (Universität Mannheim)

Präsentation Nachgefragt: Wirksamer Unterricht – Fehler im Unterricht als Lernchance nutzen (pdf 1,3 MB)

Nutzungsrechte aller Materialien gemäß CC BY-NC-ND 4.0

Zum Nachlesen: Seifried, J., Dresel, M., Rausch, A. & Wuttke, E. (2022). Umgang mit Fehlern im Unterricht (Reihe Wirksamer Unterricht Band 7). Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (pdf).

Kurzbericht:

Im Rahmen der Veranstaltungsserie „Nachgefragt – wirksamer Unterricht“ kamen Prof. Dr. Markus Dresel und Prof. Dr. Jürgen Seifried mit ca. 160 Teilnehmenden über den effektiven Umgang mit Fehlern im Unterricht ins Gespräch. Sie zeigten dabei auch, wie der Umgang mit Fehlern mit den Tiefenstrukturen des Unterrichts zusammenhängt und welche Maßnahmen zur Förderung des Lernens aus Fehlern sich anbieten. 

Fehler könnten zunächst in ihrer Hinweisfunktion rückmelden, dass angewendete Lernstrategien ineffektiv seien. Sie böten Anlässe zur Selbstregulation des Lernhandelns, und die Überwindung von Fehlern führe zu positivem Kompetenzerleben. Durch das Erkennen von Fehlern könne (negatives) Wissen über falsches Handeln erlangt werden.
Trotz dem Wissen über das Potential von Fehlern sei dieses oft ungenutzt. So sei bei Lernenden oft die Regulierung negativer Emotionen beim Umgang mit Fehlern zu dominant, als dass aus ihnen gelernt werden könne. Selbstwertbedrohungen sowie Hilflosigkeit der Schüler und Schülerinnen könnten dazu führen, dass Lernhandeln nicht angepasst werden könne und die Lern- und Leistungsmotivation darunter leide. 

Die Referenten definierten und klassifizierten Fehler und hoben die Bedeutung von „funktionalen“ Fehlern als dem Lernen zuträglich hervor. Zentral sei es für den Unterricht, dass Lehrkräfte Lernenden Feedback geben und sie dabei begleiten, Fehler produktiv zu reflektieren, da das nicht automatisch geschehe. Ein positives Fehlerklima sei für eine adäquate individuelle Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler mit ihren Fehlern ebenso wichtig, um Lernfreude und Lernmotivation trotz Fehler aufrecht zu erhalten.

In Bezug auf die Tiefenstrukturen wird der richtige Umgang mit Fehlern neben der Klassenführung auch der konstruktiven Unterstützung zugeordnet. Relevant sei z. B.: Wie die Lehrkraft den Lernenden bei Verständnisproblemen etwa durch formatives Feedback und Scaffolding helfe und inwieweit die Interaktion zwischen Lehrkräften und Lernenden durch Wertschätzung und Respekt geprägt sei.

Im Umgang mit Fehlern im Unterricht könne Feedback auf drei Ebenen des Lernens gegeben werden: 

  • zur Aufgabe und zum Aufgabenverständnis, 
  • zum Lernprozess / den Lösungsstrategien, 
  • zur Selbstregulation des eigenen Lernwegs.

Im Rahmen des Feedbacks solle auf jeder Ebene über drei Fragen reflektiert werden: 

  1. Wohin gehe ich/ was ist mein Ziel?
  2. Wie bin ich vorangekommen?
  3. Wohin geht es danach?

Anhand eines Input-/Outputmodels erklären die Referenten, dass es beim effektiven Umgang mit Fehlern einerseits 

  • um individuelle Dispositionen der Lernenden, wie z.B. kognitive Fähigkeiten der Lernenden und andererseits 
  • um die Lernumgebung, z. B. Fehlerklima und Feedback gehe. 

Aus diesem Zusammenspiel resultiere eine individuelle Reaktion auf Fehler der Lernenden, die wiederum die Ergebnisse, unter anderem Wissen, Können und Lernmotivation, beeinflussen. Zwei adaptive Reaktionen nach Fehlern seien bei Lernenden unterscheidbar:

  • die affektiv-emotionale Verarbeitung zur Aufrechterhaltung der Lernfreude und
  • die kognitive Verarbeitung zur Weiterentwicklung der eigenen Lernhandlungen. 

Fehler träten während des Lernens immer wieder auf. Wodurch sich ein gutes „Fehlerklima“ auszeichnet, stellten die Referenten ausführlich dar und führten Dimensionen für die Unterrichtsentwicklung aus. 

Take-Home Messages am Ende fassten die Ausführungen auf den verschiedenen Ebenen bis hin zum konkreten Lehrkrafthandeln zusammen: 

  • Adaptive Schülerreaktionen auf Fehler umfassen …
    -  die Regulation von negativen Emotionen und die Aufrechterhaltung der Lernmotivation sowie
    -  die Analyse des Fehlers und die Initiierung von darauf abgestimmten Lernhandlungen.
    Beide Arten von Reaktion können und sollten gefördert werden. 

  • Reaktionen auf Fehler und das Lernen aus Fehlern hängen nicht nur von der Lern-/ Leistungsmotivation der Schüler ab, sondern maßgeblich auch von der Gestaltung des Unterrichts.

  • Das Fehlerklima im Unterricht hat verschiedene Facetten, die differenzierte Ansatzpunkte zur Unterrichtsentwicklung liefern.

  • Ein konstruktives Fehlerklima ist kein Widerspruch zu einem hohen Leistungsanspruch –vielmehr kann das eine das andere fördern. 

Diskussion

Im Austausch mit den Teilnehmden wurden folgende Fragestellungen aufgegriffen:

  • Das Lernen aus den Fehlern von anderen in Bezug zur Motivation und zur Gefahr, Fehler zu memorieren
  • Die hohe Bedeutung negativen Wissens für bestimmte Lernbereiche
  • Die Veränderung der Fehlerkultur durch schwächer ausgeprägte Beziehungsarbeit in der Lerngruppe während Corona
  • Chancen für das Lernen aus Fehlern mit automatisiertem digitalen Feedback
  • Fehler in gesellschaftswissenschaftlichen Fächern
  • Fehlerkultur in der Lehrkräfteausbildung 

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