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04.12.2024

Was wissen wir über Demokratie in der Schule? Was wissen wir über Qualität von Demokratiebildung an der Schule?

Prof. Dr. Hermann Josef Abs und Dejan Mihajlović

Vortrag Zukunftsbedrohungen aus der Sicht von Jugendlichen & pädagogische Gestaltung durch Schulen (pdf 1,6 MB)

Nutzungsrechte aller Materialien gemäß CC BY-NC-ND 4.0

Kurzbericht

Prof. Dr. Abs begann seinen Vortrag über Demokratiebildung in Schulen mit der Darstellung der Vorstellungen von Schülerinnen und Schülern von einer Schule in 50 Jahren. Hierbei stellte er heraus, dass Lernende die Zukunft nicht nur als gestaltbar annehmen, sondern einige auch zukunftskritische bis hin zu dystopische Vorstellungen von einer Zukunft habe. An diesem Punkt – so Abs – können Lehrkräfte ansetzen, denn sie haben die Verantwortung, die Schülerinnen und Schüler dahingehend zu begleiten, dass sie gemeinsam ein Zusammenleben an der Schule und somit die Zukunft gestalten können. Lehrerinnen und Lehrer können hierbei neben ihrer Begleitung der Kinder und Jugendlichen auch als Rollenvorbilder agieren.

Zunächst stellte Prof. Dr. Abs grundlegend dar, was unter einer Krise zu definieren ist und wie sich Gesellschaften als krisenhaft verstehen. Dabei führte er aus, dass sich die Wahrnehmung von Bedrohung und der Wille zur politischen Partizipation gegenseitig bedingen und beeinflussen können. Eine krisenhafte Gesellschaft biete somit auch einen Aufruf zur Veränderung und damit verbunden politische Partizipation. Schulen können – so Abs – Kinder und Jugendlichen hierbei unterstützen, indem sie die Schülerinnen und Schüler von Beginn ihrer Wahrnehmung von Krisen bis hin zur Gestaltungskompetenz begleiten.

Im Anschluss bezog sich Prof. Dr. Abs konkret auf zwei von Schülerinnen und Schülern als besonders stark empfundene Zukunftsbedrohungen in Deutschland: Umweltverschmutzung und Krieg. Beim Umgang mit solchen Zukunftsbedrohungen ließen sich Unterschiede zwischen den einzelnen Kindern und Jugendlichen aufzeigen, welche systematisch in fünf Gruppen unterteilt werden können: Sicherheitsbewusste, Umweltbewusste, gemäßigte Skeptiker, Alarmierte und Entwarnende.

Doch wie hängt die politische Partizipation mit den Zukunftserwartungen der Kinder und Jugendlichen zusammen? Zu dieser Frage gebe es insgesamt nur schwache bis mittlere Zusammenhänge, wie Abs darstellte. Doch wie kann eine Schule darüber hinaus zum Gestaltungswillen der Kinder und Jugendlichen beitragen? Dieser Frage ging Abs nach, indem er vier Demokratietheorien darlegte: Kommunitarismus, Republikanismus, Kritische Theorie und Liberalismus. Er zeigte weiterhin auf, dass das Repertoire an den Schulen aus allen vier Theorien schöpfe und somit eine ganzheitliche Demokratiebildung angestrebt wird. Abs ging jedoch auch darauf ein, dass es an den Schulleitungen lege, wie unterschiedlich die Maßnahmen an den einzelnen Schulen umgesetzt werden.

Nach einer an den Vortrag anschließenden Diskussions- und Fragerunde mit sehr reger Beteiligung der Teilnehmenden bot Dejan Mihajlović (ZSL) Einblicke in die Praxis und konnte konkret aufzeigen, wie Demokratiebildung an den Schulen angegangen wird. Mit der Einführung des Leitfadens Demokratiebildung 2019 haben Schulen eine erste Grundlage erhalten, welche Schulentwicklungs- und Evaluationsprozesse anstoßen könne. Außerdem verwies Mihajlović auf eine hohe Nachfrage an Fortbildungsangeboten für Lehrkräfte. Er stellte jedoch auch kritisch heraus, dass es viele Ressourcen brauche, um eine Demokratiebildung nachhaltig an den Schulen anzugehen und zu erreichen. Hierbei sollen verschiedene Akteure wie Schulsozialarbeit, SMV, erweiterte Schulleitung und Schulentwicklungsteams mitwirken. Auch die Kommunen/Gemeinden – so Mihajlović – haben aufgrund ihrer Art des gemeinschaftlichen Zusammenlebens einen Einfluss auf das Demokratieempfinden an den Schulen und können dieses prägen. Diese zwei Akteure müssen also auch gemeinsam handeln und Kinder und Jugendliche begleiten, um ihnen gute Demokratieerfahrungen aufzuzeigen.

Themen der Diskussion:

  • Demokratieverständnis an Schulen bedient alle vier Theorien, verschiedene Ansätze
  • Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler mit Blick auf Gestaltbarkeit der Zukunft
  • Negative Vorstellungen von Schule der Zukunft vs. In-Frage-Stellen des Schulsystems/kontraproduktives Verhalten der Schülerinnen und Schüler insgesamt
  • Teilkompetenzen, welche für die individuelle Demokratiefähigkeit grundlegend sind
  • Genderspezifische Unterschiede in den Kompetenzen für politischen Partizipation
  • Möglichkeiten zur Partizipation in der Schule, „Demokratisierung des Lernens“
  • Qualifizierung und Haltung der Lehrkräfte